Über Boleslawiec (Bunzlau) und seine Keramik.
Die Stadt Bolesławiec (Bunzlau) liegt im Südwesten Polens, in Niederschlesien, etwa 50 km östlich von Görlitz. Die erste urkundliche Erwähnung des Stadtrechts ist bereits über 750 Jahre alt.
In der Umgebung der Stadt befinden sich nahe der Flüsse Bóbr (Bober) und Kwisa (Queis) natürliche Vorkommen feuerfesten Tones, der bei 1.280ºC gebrannt einen für Flüssigkeiten undurchlässigen und sehr haltbaren Scherben ergibt. Hier finden sich auch braunbrennende Lehme, die beim Glasieren der Gefäße Anwendung finden.
Die Töpfereien dieser Region blicken auf eine jahrhundertelange Tradition zurück. Bereits im Jahre 1380 taucht in der Stadtchronik von Schweidnitz (Świdnica) der Name eines Bunzlauer Töpfers auf. 1511 wurde die Töpferzunft erwähnt sowie das Privileg, das die Anzahl der in der Stadt tätigen Töpfereien auf fünf beschränkte. Dadurch waren Töpfergesellen, die neue Werkstätten gründen wollten gezwungen, sich in umliegenden Ortschaften wie Naumburg (Nowogrodziec) oder Ullersdorf am Queis (Ołdrzychów) anzusiedeln. Dieses Privileg der Bunzlauer Töpfer wurde erst 1762 unter Druck der preußischen Regierung aufgehoben.
Die Gestalten Adam und Evas waren das Wahrzeichen der Bunzlauer Töpferzunft und zugleich das Symbol des ältesten Handwerks, das bis etwa in das Jahr 1850 seinen Ausdruck in Gebrauchsgeschirr fand.
Dem aus dem Dorf Uttig stammenden Töpfermeister Johann Gottlieb Altmann (1780 - 1851) gelang ein entscheidender Durchbruch in der Bunzlauer Keramik mit der Erfindung der bleifreien Feldspatglasur. Bis dahin enthielt die Glasur Bleioxyd und hatte sich dadurch als gesundheitsschädlich erwiesen.
Er war es ebenfalls, der erstmalig für Gefäße die zuvor nur für aufgelegte Dekore verwendete Keramikmasse gebrauchte. Er entwarf auch durch klassizistische Stilelemente beeinflusste neue Geschirrformen, für die er 1844 in einer Ausstellung in Berlin ausgezeichnet wurde und 1851 in London eine auf einer Ausstellung eine Goldmedaille erhielt.
Die Bunzlauer Töpfermeister übernahmen zwar die technischen Neuerungen, blieben jedoch bei den alten Formen. Sie stellten vornehmlich Haushaltsgeschirr her, braunglasierte bauchige Krüge, schlanke Kaffeekannen, Fisch- und Kuchenformen.
Ab Mitte der 1860er Jahre wurde in Bunzlau auch Sanitärkeramik hergestellt.
Als in der zweiten Hälfte des 19.Jahrunderts bunte Emaille - und Fayencegefäße auf den Markt kamen, sank das Interesse für braun glasiertes Tongeschirr. Nun begannen die Bunzlauer Töpfer die Tongefäße mit weißem Ton zu engobieren und sogar ganze Gefäße daraus herzustellen. Sie verzierten die Gefäße farbig
zunächst mit Schwämmchen (1882 r.), später mit Gummistempeln in verschiedenen Formen – Kreisen, Punkten, Fischschuppen, Pfauenaugen, Dreiecken oder Kleeblättern.
Verschiedene Werkstätten benutzten dieselben Muster, die sich nur in ihrer Farbe unterschieden. Meistens war die gesamte Fläche des Gefäßes dicht mit demselben Muster bedeckt. Manchmal beließen die Töpfer die Gefäße jedoch weiß und umrandeten nur die Henkel und die Schnauzen mit einem farbigen Stempelkranz. Die dominierenden Farbtöne waren Kobaltblau, Chromgrün, Braun und Ocker.
Nach mehreren Jahren wurde 1897 eine staatliche Fachschule für Töpferei und Keramik (Keramische Fachschule) eröffnet. Diese wurde durch die Stadt Bunzlau mitfinanziert. Ihr Leiter wurde Dr. Wilhelm Pukall, der zuvor als technischer Leiter der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin tätig gewesen war. Das Bildungssystem strebte vor allem nach der Vermittlung von technischem Wissen, hielt jedoch die Ästhetik der erzeugten Gegenstände für ebenso wichtig.
Die Zusammenarbeit zwischen der Keramischen Fachschule und den Keramikwerken ermöglichte die Einführung vieler Innovationen.
Die Töpferscheibe wurde von der Gussmethode verdrängt. Es kamen neue Dekore auf – geflossene und Lüsterglasuren, Kristallglasuren und Emaille-Glasuren, Matt-, und Spiegelglasuren, rote sogenannte chinesische Glasuren. In den 1920er Jahren kamen die Aufspritz- und Malhorntechnik auf und in den 30ern die Einlegetechnik (Glasurintarsia).
Besonders interessiert an einer engen Zusammenarbeit mit der Keramischen Fachschule waren die Keramikwerke von Julius Paul (gegr. 1893) (Eisbär, Kaffeeservices) , von Hugo Reinhold (gegr. 1903), von Robert Burdack (gegr. 1881 ) und von Carl Werner (seit 1919 von ihm geführt).
Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts begannen die Keramikwerke ihre Erzeugnisse zu signieren - an der Unterseite des Gegenstandes befanden sich charakteristische Zeichen oder Stempel.
1936 gaben der Direktor der Keramikschule Eduard Berdel und Professor Fritz Theilmann den Anstoß zum Zusammenschluss von sechs Keramikwerken. Die Waren dieser Betriebe wurden auf der Töpferscheibe gedreht, mit Lehmglasur überzogen, mit weißem Auflagendekor oder mit dem Malhorn verziert. Diese von alten Keramikformen inspirierten Erzeugnisse trugen das Signum „BB“ (Bunzlauer Braunzeug). Die „Aktion Bunzlauer Braunzeug“ führte mit ihrer herausragenden künstlerischen Gestaltung, Farben-, Muster- und Formenvielfalt zu einer enormen Belebung des alten Töpferhandwerks. Mit Beginn des 2. Weltkrieges rückte jedoch die Produktion von einfachem Gebrauchsgeschirr in den Vordergrund, was einen vorzeitigen und bedauerlichen Abbruch dieser Fortentwicklung schlesischen Kunsthandwerks zur Folge hatte.
Nach Kriegsende war die Wiederaufnahme der Produktion in den verlassenen und zerstörten Keramikwerken ein sehr langwieriger und schwieriger Prozess. Bereits im Juni 1945 wurde Tadeusz Szafran, Professor an der Schule für Dekorative Kunst in Kraków (Krakau) entsandt, der vor dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges als Professor in der Groβherzoglichen Kunstgewerbeschule Weimar tätig war, entsandt. Nach kurzer Zeit setzte er die kleine Reinholdsche Fabrik in der ul. Górne Młyny (Obermühlstrasse) 10 in Betrieb, anschließend vier weitere Tonwarenfabriken.
Die heute existierenden und produzierenden 24 Betriebe in Bolesławiec und Umgebung führen in alter Tradition das Töpferhandwerk fort. Jedes Jahr werden neue Formen und Dekore entwickelt, die ihre Anerkennung durch diverse Preisverleihungen im In- sowie Ausland bekommen.
Quelle: Keramikmuseum in Bolesławiec